„Fetzigere“ Gottesdienste und neuer Papst
Ihre Kinder gehen in einen kirchlichen Kindergarten.
Wir haben es erst mit der Zeit realisiert. Wir haben gesagt: „Schadet ja auch nicht“. Wir hatten da nichts dagegen. Im Gegenteil eher. Ich bin katholisch aufgewachsen. Wir sind regelmäßig in die Kirche gegangen. Es war hauptsächlich ein Anliegen der Oma, dass wir das tun. Bei den „großen Ereignissen“ hat man ja vom Pfarrer aus in die Kirche gehen müssen. „Jeden Sonntag möchte ich dich in der Kirche sehen“, hat es damals geheissen.
Zur Vorbereitung auf die Erstkommunion und Firmung !
Genau. Aber wenn man als Kind etwas muss, dann macht man es erst nicht wirklich gern. Später, in der Zeit als Jugendlicher habe ich öfter Schwierigkeiten mit dem Kreislauf gehabt. Ich bin damals öfter regelrecht ohnmächtig geworden. Ich war da- mals ein „rechtes Krischperl“ und es hatte wohl mit dem Wachstum zu tun. Ich bin am Sonntag in die Kirche gegangen und da drin ohnmächtig umgefallen. Damals habe ich mit dem lieben Gott eine Vereinbarung getroffen. Ich gehe ja gern zur Messe. Aber es hilft nichts, wenn es mich in der Kirche immer umhaut. Also habe ich zu ihm gesagt: „Entweder du sorgst dafür, dass ich nicht umfalle, oder ich kann nicht mehr in die Kir- che gehen“. Dann hat es mich nochmals umgehauen. Ich habe dann zum lieben Gott gesagt: „Jetzt bist du selber schuld, jetzt gehe ich nicht mehr in die Kirche“. Dann habe ich aufgehört damit. Später hat sich dann natürlich herausgestellt: Es war ein Wachstumsschub und ich muss Sport treiben. Das Kirchgehen, das hat's für mich halt nicht mehr gebraucht.
Hat sich das dann wieder geändert?
Später hat dann der eine kirchlich geheiratet, dann der andere. Dann gab es Todesfälle. Dann ist die Oma gestorben. Ein paar Jahre darauf ist meine Mama gestorben. Da bin ich dann auch wieder in die Kirche gekommen. Als dann der Sebastian nach Parsberg gekommen ist und wir festgestellt haben, wir haben einen katholischen Kindergarten gewählt, dann haben wir das positiv gesehen und sind so der Kirche wieder näher ge- rückt.
Wie sehen Sie das heute ?
Man hat als Kind das alles schon als etwas schwerfällig und langweilig abgestempelt. Da ist ja nichts los. Klatschen und Lachen darfst du ja da nicht. Da kämst du ja gleich in die Hölle. Da waren schon so Eindrücke da. Es ist eigentlich schon komisch. Es stimmt im Endeffekt ja auch nicht. Aber es ist alles so „alt“.
Können sie das noch etwas deutlicher machen?
Der Ablauf der Messe ist vorgegeben. Da kann man schon etwas ausschmücken und nicht nur den Text „runterrasseln“. Auch von der Musik her. Im Vergleich mit der Gospel-Musik. Wenn man denkt, wie das in amerikanischen Kirchen ist, wo alle mit- klatschen und mittanzen. Das ist vielleicht etwas zu extrem für uns, aber etwas „fetzi- ger“ könnte es schon sein. Es gibt ja auch schöne kirchliche Lieder, die nicht so „alt- backen“ sind. Was heute gesungen wird, das hat es schon vor 100 Jahren gegeben und die singen wir halt immer noch. Den Text versteht man teilweise überhaupt nicht. Hauptsache, er reimt sich hinten irgendwie.
Was sollte geschehen?
Man sollte das lockerer machen, etwas leichter gestalten, dass die Leute auch mehr Lust haben, mitzusingen. Man könnte auch „den Chor unter die Leute mischen“. Die reissen die anderen dann mit. Sonst ist es so: Der singt nicht, der singt nicht und ich traue mich dann auch nicht, denn ich könnte ja falsch singen.
Die Kindergottesdienste sind immer ganz toll. Die machen das ganz hervorragend und geben sich Mühe ohne Ende. Ich bin schon fast beleidigt, dass da so wenige kommen. Wir wollen jedenfalls in Zukunft öfter zur Kirche kommen. Aber wir haben soviel vor und wir sind um den Sonntag froh, an dem nicht gearbeitet wird und an dem wir frei sind, auch mit den Kindern etwas zu machen. Die Kinder sollen das kennenlernen, in die Kirche zu gehen, auch im Hinblick auf Erstkommunion und Firmung, das sie da nicht vor etwas stehen, das sie noch nicht gut genug kennengelernt haben.
Wie beurteilen Sie die kirchliche Situation über die Pfarrei hinaus?
In Deutschland, in der Welt?
Es ist vieles passiert in den letzten Jahrzehnten. Auch mit dem Papstwechsel. Am Anfang hat man viel gehört über seine Änderungswünsche. Da habe ich mir gedacht: Der reisst das Lenkrad jetzt herum. Ich denke, es wird sich etwas bewegen und frischer Schwung hineinkommen. Ich hoffe für ihn, dass er die Macht dazu hat.
Die Zeit ändert sich, die Gesellschaft ändert sich und an die muss sich die Kirche an- passen, sonst kann sie nicht überleben. Wenn sie an den alten Dingen kleben bleibt, dann wird sie, wie auch andre Kirchen, ihre Anhänger verlieren.
Geschäftsführer, 2 Kinder